Danke für das vielfältige und wertvolle Feedback zu unserem letzten Blog.
Nachdenklich machte mich auch eine Vielzahl an Bestätigungen über Mitarbeiter, welche loyale Zusammenarbeit aus deren eigenen Perspektive gestrichen haben. Ich vermute (einige auf Sensationsbedarf und nahezu sträflichen Vereinfachung von komplexen Situationen spezialisierte Medien (aller Art) bestätigen dies aufs Traurigste), dass der Fokus auf Unsicherheit, Angst, Zorn und Aufgabe gelegt und mediale Irrealität zur empfundenen Realität wird. Das Gesichtsfeld verengt sich auf das Notwendigste. Auch in Bezug auf Zusammenarbeit und Verantwortung für das Team.
Wie also begegne ich als Führungskraft der Situation zwischen Schock und Neubeginn?
Wo fange ich an? Bei den anvertrauten Mitarbeitern oder bei uns als „Leuchttürme im Nebel“?
Die vielleicht schon ambige Auswahl zeigt die Lösung bereits auf:
- Unsere Mitarbeiter brauchen einen „Ort“ der Stabilität, ein Rolemodel, das Wege im Dickicht von Unsicherheiten, Manipulationen und aus der Verengung der Wahrnehmung auf das Notwendige aufzeigt. Sie werden gebraucht, voran zu gehen, auch wenn Sie selbst manchmal unsicher sind.
- Unsere Mitarbeiter brauchen Nachsicht, wenn sie gestresst durch zusätzliche Aufgaben aufgeben wollen. Erinnern Sie sich an das wunderbare Pareto-Prinzip: Perfektionismus kann zu Ineffizienz führen (muss nicht ;-))
- Unsere Mitarbeiter brauchen unsere Empathie und Aufmerksamkeit – wenn sie sich durch unsere Begleitung kraftvoller und klarer fühlen, haben wir gute Arbeit geleistet.
- Unsere Mitarbeiter brauchen Wissen, dass sie nicht alleine sind in diesen Situationen.
Die Liste läßt sich fortsetzen. Klar ist aber, dass Führungskultur der 90er Jahre aus der Zeit gefallen ist. Wie das „funktioniert“ (es klingt ziemlich technisch, nicht wahr)?
Loslassen und Zulassen könnte wirken.
Unterschiedliche Modelle von Transformation zeigen den Weg auf, der sich kaum von dem Weg der Mitarbeiter unterscheidet. Bei manchen wirkt es schneller, bei manchen verhalten.
- Wir sind starr vor dem Anspruch uns zu verändern (Schock)
- Wir üben uns in der Verneinung: nicht wir, die anderen sind betroffen (in Österreich nennt man den Negierungszustand „Floriani-Prinzip“)
- Wir üben uns im intellektuellen Verständnis der Notwendigkeit. Verstehen heißt aber noch lange nicht Akzeptieren.
- Wir akzeptieren nun auch emotional, dass auch wir gemeint sind – wir lassen das Alte los.
- Wir fragen jetzt, was noch für die Zukunft tauglich ist, was wunderbares Neues möglich wird.
- Wir wagen es, zu experimentieren, neugierig auf Alternativen, auf Neues zu sein. Und dann endlich….
- Wir feiern uns und das Gelungene, das Neue, das zu Integrierende – und erkennen die Vergänglicheit.
Wie der Prediger Nassrudin Hotscha (wahrscheinlich 11. Jahrhundert) sagte: „aus der Blüte der Verwirrung entsteht die Blume der Verwunderung (der Wunders, der Lösung). Dann wird es möglich, ein Rolemodel zu werden
Die tatsächliche Herausforderung
….zeigt Otto Scharmer in einem seiner letzten Artikel aus dem Presensing Institute auf. Und wir immer fängt die Arbeit bei uns selbst, unserer Klarheit, Aufmerksamkeit und Mut an….
Otto Scharmer und Team nennen die fünf Kriterien der erfolgreichen, zeitgemäßen Führung folgend:
- Being: bei sich selbst bleiben. Erinnern wir uns: „Leuchttürme“ sind keine Lemminge. Aus der Metaebene prüfen sie authentisch, ob sie noch bei sich geblieben sind.
- Thinking: den Verstand einschalten und Fakten sehen. Zeit für Interpretationen heben wir für später auf.
- Relating: uns um andere annehmen
- Collaborating: soziale Fähigkeiten wie Respekt, Aufmerksamkeit und Mitgefühl werden zur Voraussetzung, miteinander ein gemeinsames Vorhaben zu erkennen und zu erreichen. Die Ausgabe der To do-Liste reicht in unseren Einflußsphären. Die Welt ist größer geworden, das Wissen geht über vorauszusetzendes Expertenwissen hinaus. Wir brauch einander, um über den Tellerrand zu schauen, um inspiriert zu werden…..
- Acting: gemeinsam vom Verstehen ins Tun zu kommen, den Fortschritt voran zu treiben. Vor vielen Jahren haben wir in unserer Beratungsstelle-Umsetzungs-Welt gelernt, dass eine kraftvolle Zuwendung zum Dialog, zu kreativen Gestaltung im strategischen Vorfeld, die Umsetzungsarbeit erheblich verkürzt. Sicher aber finden Sie im Umfeld noch immer verunsicherte Kontrollfreaks, die ihr altes Wissen nicht loslassen oder vor dem Unbekannten glauben, flüchten zu können. Und Sie erkennen die Resultate.
Resumee: es liegt an uns, selbst verantwortlich in der Welt von VUCA, allem Nebel, Unsicherheiten, Mehrdeutigkeiten, Verletzlichkeiten zu bewegen und jenen die Hand zu reichen, die es aus vielfältigsten Ursachen gerade im Augenblick nicht können.
Für alle Realisten: wir können es uns schlicht nicht leisten, gute Mitarbeiter zu verlieren, sich auf Digitalisierung und/oder gut ausgebildete Immigranten zu verlassen – also: ran an die Führung 2022
Wir freuen uns auf Feedback und Themenvorschläge,
Eure Michel und Barbara